Sonntag, 7. Oktober 2012


 Kluun, Ohne Sie


Rezension vom 26.04.2012
Meine Bewertung: 4 Sterne von 5 möglichen


"Ohne Sie" des Autors Kluun, mit wirklichem Namen Raymond van de Klundert, ist die Fortsetzung des sehr bewegenden Romans "Mitten ins Gesicht".
Auch wenn zu Beginn eine kurze Zusammenfassung des 1. Buches zur Wiederauffrischung eingefügt wurde, ich glaube, es ist besser, wenn man doch chronologisch liest.
Dann wollte ich gleich zu Beginn klarstellen, dass van de Klundert kein gelernter Autor an sich ist, sondern dass beide Bücher von ihm geschrieben wurden, um das erlebte Drama zu verarbeiten, um sich selbst klar zu werden, warum er sich selbst wie verhält/verhalten hat, um auch generell eine Diskussion über die Schwierigkeiten des Lebens, speziell der Liebe anzuregen.
Der Protagonist Stjin hatte im Alter
von 30 eine attraktive, selbstbewusste Frau geheiratet. Eine Frau, die den Weiberhelden Stjin so völlig von den Socken riss. Nichtsdestotrotz konnte er das Fremdgehen und die One-Night-Stands nicht lassen. Auch als sie sich entschliessen ein Kind zu bekommen, er wirklich sicher ist, das grösste Glück auf Erden zu haben, kann er die Finger von Frauen nicht lassen.
Dann wird seine Frau, Carmen, krank: Bösartiges Mammakarzinom. Unheilbar, bösartig, schnell.
Der Leidensweg und das Sterben seiner Frau, seine extremen Exzesse in die Drogenwelt, den Alkohol und des Sex, das ist Inhalt des Buches "Mitten ins Gesicht", fast nahtlos schliesst der 2. Band an.
Carmen ist tot. 2 Jahre hatte Stjin Zeit, sich auf die Beerdigung, den Abschied und die Einsamkeit vorzubereiten, trotzdem trifft es ihn und wirft ihn komplett um.
Ja, er ist Vater einer 3 jährigen Tochter, aber wie soll er das alles schaffen?
Hatte er während Carmens Krankheit eine feste Affaire, neben den zahlreichen anderen Sexgespielinnen, so kappt er diese Verbindungen, will sich nicht dazuerkennen und flüchtet.
Flüchtet vorerst in härtere Drogen, in einen Sexwahn, der ihn sogar seine Tochter in der Strassenbahn vergessen lässt.
Niemand kommt mit ihm mehr klar, alte Freunde kehren ihm den Rücken, umgekehrt sieht er sich plötzlich von Frauen umringt, die alle "helfen wollen", die alle dem attraktiven Witwer Ratschläge erteilen wollen, die sich alle zwischen ihn und seine Tochter drängen.
Stjin kennt nur einen Weg: Flucht!
Schonungslos und ohne Ausreden lässt uns der Autor wieder teilhaben. Ich hätte vermutlich einiges weggelassen oder beschönigt. Aber das möchte er nicht, er prangert sich auch nicht an, er stellt sich nur dem kompletten Wahnsinn, in den er verfiel, als seine Frau unwiderruflich endlich tot und beerdigt ist.
Und zeigt uns, dass manchmal nur ein kompletter Cut, ein erzwungenes Kopf-frei-bekommen dazu führen kann, dass man wieder auf der Erde aufkommt und naheliegendes mit klarem Verstand sehen kann.
In der Hoffnung, dass der Weg, den man findet, der oft gar nicht so weit entfernt ist, auch der Richtige ist.
Ich wünsche mir für den Autor, dass die hoffnungsfrohe Botschaft am Ende des Buches nicht ein weiteres "Verrennen" im Leben war, aber wenn ich seine Vita lese, seine Erfolge seit dem Ende des 2. Buches anschaue, scheint er tatsächlich angekommen zu sein.
Und das freut mich!
Was kann ich noch berichten? Der Schreibstil ist locker, flüssig, kurze und knappe Kapitel, weniger Wramples als im ersten Buch, ab und zu auch lustig, dann wieder zum Nachdenken anregend, trotz der Eskapaden scheint der Autor ein sympathischer Kerl zu sein, ich bin gespannt, ob noch ein drittes Buch erscheinen wird!

  • Taschenbuch: 304 Seiten
  • Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag; Auflage: 1 (8. Dezember 2008)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3596175925
  • ISBN-13: 978-3596175925
  • Originaltitel: De Weduwnaar
  • Größe und/oder Gewicht: 18,8 x 12,4 x 2 cm

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