Samstag, 15. März 2014




Herbert Günther - Zeit der großen Worte

Rezension vom 15. 03. 2014
Meine Beurteilung: 3 Sterne von 5 möglichen


"Zeit der großen Worte" von Herbert Günther, ein Roman pünktlich zum Hundertjährigen des ersten Weltkriegs!
Für mich hat ein Publizieren zum Jubiläum immer ein pragmatsch-kommerzielles Ansinnen im Vordergrund, der mir grade in einem solchen Fall schon etwas schwer im Magen liegt.
Egal. Es ist ein Jugendbuch, das ich in einer Leserunde lesen durfte, und das mir grade gelegen kam, denn ich hatte einige Romane zur Zeit des ersten Weltkriegs gelesen und erhoffte mir hier ein klareres Bild, eine Art Aufklärung, so, wie ich dachte, dass man die Vergangenheit der Ururgrossväter heutzutage Jugendlichen nahebringen würde.
Passenderweise wählte der Autor einen kanpp
Zwanzigjährigen, aus dessen Sicht wir hier die Jahre des Krieges nach dessen Beendigung erzählt bekamen.
Paul selbst war nicht "im Krieg", er durfte zu Hause bleiben, da der Onkel einen Antrag auf Befreiung gestellt hatte.
Emotionslos, ohne Hintergründe zu erläutern, erzählt also Paul, wie er die Kriegsjahre erlebte. Der bejubelte Aufbruch, die Ernüchterung, der Hunger, der Mangel, die Verluste, das Ende.
Wer jemals im Leben sich mit dem ersten Weltkrieg beschäftigt hat, der erfährt hier nichts Neues. Eine typische Weltkriegsszene, abgelöst durch eine weitere, längst bekannt aus Fernsehberichten und bekannten Romanen von Zeitzeugen.
Ich war bitter enttäuscht.
Wer einen Kriegsschauplatz als Romanplot wählt, der hat natürlich wenig Möglichkeiten, die Rahmenhandlungen sind vorgegeben, ich kann kaum überraschen, keine unerwarteten Wendungen bringen, wir wissen alle, wie das Drama des Weltkrieges endete. Aber ich kann Stimmung vermitteln, Hintergründe beleuchten, Wissen vermitteln, das ist aber eben das, was ich hier nicht fand.
Da hilft mir dann auch kein Glossar mit Erläuterungen und seitenweise Zeittafeln, die noch nett gemeint die Überschrift tragen "Unvollständige Zeittafel des ersten Weltkriegs".
Ob es am Alter es Autors liegt, kann ich nur raten, es hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich rumgesprochen, dass Tabellen mit Daten keinen Lerneffekt erzielen. Man liest runter und vergisst.
Ich hatte wirklich gehofft, dass hier umfassend ein Werk für Jugendliche entstand, das vielleicht erstmalig, einmalig und tiefgründig die europäische Gesamtsituation beschreibt, die Gedankengänge der Machthabenden nahebringt, die Stimmung so transportiert, dass ich förmlich Felder, Kartoffeln und Kasernen vor mir sehe, stattdessen las ich klischeehafte Ereignisse, unterbrochen von den unpersönlich geschilderten Höhepunkten des Teenagers Tom, der das Lesen für sich entdeckt, ergänzt durch noch heute gültige Sprüche, dass Buchliebhaber und das Hobby Lesen nichts für die arbeitende Bevölkerung ist. Man muss sich nur mit Nicht-Lesern unterhalten, dann wird man sehen, dass das auch heute noch die durchaus übliche Meinung ist.
Alles in allem, ein Buch, das man nicht lesen muss, weder als Erwachsener, noch als Jugendlicher.

  • Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
  • Verlag: Gerstenberg Verlag; Auflage: 1 (28. Januar 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3836957574
  • ISBN-13: 978-3836957571
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
  • Größe und/oder Gewicht: 21,6 x 14,8 x 3,2 cm

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